Bildung der Eltern entscheidender als Migrationshintergrund

Als dieser Tage die Ergebnisse der Bildungsstandardtestung in Deutsch der Öffentlichkeit präsentiert wurden, war ein Teilergebnis besonders überraschend:

„Vergleicht man jeweils die beiden Extremgruppen, also Jugendliche aus bildungsfernen Haushalten und Schüler/innen mit hochschulisch ausgebildeten Eltern, so ergeben sich Mittelwertdifferenzen zwischen 118 Punkten (in Zuhören) und 80 bzw. 82 Punkten (in Rechtschreiben bzw. Schreiben). Damit übertreffen die Leistungsunterschiede aufgrund unterschiedlicher Bildungsherkunft jene im Zusammenhang mit Migrationshintergrund oder Erstsprache.“ (BIFIE, Bundesergebnisbericht Standardüberprüfung Deutsch 2016, 8. Schulstufe, Seite 124).

Das Bild, das von Politik und Medien dabei gezeichnet wird, ist die so genannte Brennpunktschule oder neuerdings auch Fokusschule, die im schwierigen Umfeld der Großstadt arbeiten muss und daher besondere Unterstützung braucht. Als Lösung wird dabei häufig ein „Sozialindex“ präsentiert, der auf den Berufsstatus und Bildungsabschluss der Eltern, auf den Migrationshintergrund und die Erstsprache abstellt und eine deutliche Ressourcenverschiebung aus den Bundesländern nach Wien mit sich bringen würde. Was das in Zeiten von Kostenneutralität im Bildungsbereich bedeutet, braucht hier wohl nicht weiter ausgeführt zu werden.

Interessant wird es allerdings, wenn man sich die Verteilung der höchsten Bildungsabschlüsse in der Großstadt Wien im Vergleich zu Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern ansieht (Quelle: Statistik Austria, Tabellenband EU-SILC 2015, Einkommen, Armut und Lebensbedingungen, Seite 96):

Einwohner Wiens mit …
… maximal Pflichtschulabschluss: 18 %
… Universitätsabschluss: 24 %

Einwohner von Gemeinden unter 10.000 Einwohnern mit …
… maximal Pflichtschulabschluss: 24 %
… Universitätsabschluss: 9 %

Wäre vor dem Hintergrund des BIFIE-Befundes und der Daten der Statistik Austria nicht viel eher eine Unterstützung ländlicher Regionen notwendig als eine Umverteilung in die Großstadt Wien? Zweifelsohne gibt es in den Städten genauso wie am Land Schulen mit besonderen Herausforderungen. Und natürlich muss man diese Schulen unterstützen. Es kann aber nicht so sein, dass dies zu Lasten der ländlichen Regionen geht und schlicht Finanzmittel nach Wien bzw. in die Städte umverteilt werden. Für Schulen mit besonderen Herausforderungen braucht es zusätzliche Mittel!