Gute und schlechte Betonierer?

„Wir werden daher sowohl beim Freibetrag als auch bei der Rücknahme der GmbH light kämpfen, kämpfen, kämpfen. Und wir haben gute Chancen, dass das schlussendlich doch nicht so kommt.“

Nach gängiger Medienpraxis würde man diese Worte jetzt sofort einem Gewerkschafter, wahrscheinlich entweder einem Lehrergewerkschafter oder – noch besser – gleich dem „medialen Gottseibeiuns“ Fritz Neugebauer zuordnen. Aber: Weit gefehlt!

Diese Worte stammen vom Präsidenten der Wirtschaftskammer, Christoph Leitl höchstpersönlich. Sie betreffen die kürzlich von der Regierung verkündete Abschaffung des Gewinnfreibetrages für Selbstständige und die Rücknahme der GmbH light. Und sie fielen nicht im Rahmen eines Interviews, sondern im Rahmen einer von ihm gehaltenen Vorlesung an der Wirtschaftsuniversität Wien. Wer nun glaubt, dass die versammelte Studentenschaft ob einer solchen Portion Beton massiven Protest eingelegt hat, liegt abermals weit daneben. Laut der Tageszeitung „Die Presse“ (http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/1547587/Leitl_Der-Staat-ist-ein-Raeuber?from=suche.intern.portal) quittierten die Studenten die Ausführungen Leitls mit kräftigem Applaus.

Nun wird Christoph Leitl als Interessensvertreter der Wirtschaft wahrscheinlich allen Grund haben, sich schützend vor seine Wirtschaftskammermitglieder zu stellen. Immerhin finanzieren sie mit ihren Pflichtbeiträgen wohl auch sein Salär.

Man stelle sich nun die gleiche Situation im Bereich der Lehrerschaft, oder allgemeiner, im Bereich des öffentlichen Dienstes vor. Dort würden reflexartig neben den Studenten wohl auch alle mehr oder weniger seriösen Medien laut aufschreien und wieder einmal das Verhinderer- bzw. Betonierer-Image anprangern. Gut möglich, dass auch Christoph Leitl in diesen Chor miteinstimmt.

Einfach zum Nachdenken: Einsatz für die Mitglieder in der Wirtschaftskammer ist okay, gleicher Einsatz für Beamte des öffentlichen Dienstes ist zu verabscheuen?