Bildungsreform ja, aber nicht mit meinem Kind!

Sehr geehrter Herr Schwarz!

Zu Ihrem Artikel ein paar Anmerkungen aus der Realität. Ich bin mir nämlich nicht ganz sicher, ob all das, was Sie in Ihrem Artikel beschreiben, auch tatsächlich so passiert bzw. geschehen ist. Auch bin ich mir nicht ganz sicher, ob Sie auch nur ein einziges Mal einen Fuß in eine Schule, von mir aus auch in eine Privatschule, gesetzt haben …

1) Österreich hat nicht nur urbane Regionen! Dass aber genau dort die gröbsten Probleme im Bildungsbereich beheimatet sind, stimmt. Dass es aber auch anders geht, hat nicht zuletzt die Veröffentlichung der Ergebnisse der Bildungsstandards gezeigt. Da gab es ja den so genannten „fairen Vergleich“, der genau diese sozioökonomische Komponente mitberücksichtigt hat! Und auch unter diesem Aspekt stehen die Privatschulen ausgezeichnet da! Also bitte tun Sie nicht so, als ob Österreich kurz vor dem Bildungsabgrund steht, nur weil es in – vor allem sozialistisch regierten – Städten ein Integrationsproblem gibt, das sich mittlerweile auch zu einem Bildungsproblem ausgeweitet hat!

2) Sie schreiben zwar politisch sehr korrekt, dass es Eltern nicht zum Vorwurf gemacht werden darf, sich um die Bildung ihrer Kinder zu kümmern, tun aber nicht nur zwischen Zeilen genau das! Gerade weil ich bereits 14 Jahre in verschiedenen konfessionellen Privatschulen in Wien unterrichte, kann ich Ihre Darstellung in keinster Weise bestätigen. Vielmehr erhärtet sich der Eindruck bei mir, dass Sie, geschätzter Herr Schwarz, vor dem Verfassen dieses Artikels den Fuß nicht einmal in die Hainburger Straße vor das Eingangstor der Presse-Redaktion gesetzt haben, geschweige denn in eine von Ihnen beschriebene Privatschule … Nennen Sie doch bitte die Schulen beim Namen, auf die Sie sich beziehen, dann kann ich mir mehr darunter vorstellen.

3) Nicht nur die SPÖ-Schulpolitik sondern auch Sie haben sich in den vergangenen Jahren zu sehr darauf versteift zu erklären, wie man schwache, benachteiligte Schüler auffangen könnte. Und dabei vergessen, allen anderen Gruppen zu erklären, wie man ihren – vergleichsweise hohen – Standard gleichzeitig halten und ausbauen will. Das Allheilmittel „Gesamtschule“ kann es wohl nicht sein, denn dort sind ja nicht zuletzt durch aktuelle deutsche Studien ganz klar die Lernrückstände von Gesamtschülern im Vergleich zu Schülern in differenzierten Systemen wieder einmal offenkundig geworden. Wie Ihnen sicher bekannt ist, betragen diese Lernrückstände ganze Lernjahre! Wie also lautet Ihre Lösung?

4) Um aus Ihrer Parallelwelt der Presse-Redaktion herauszufinden, lade ich Sie sehr herzlich ein, den Tag der offenen Tür der katholischen Privatschule in der Friesgasse am 18.1.2013 zu besuchen. Nein, die Friesgasse liegt nicht in Döbling, nicht in Hietzing und auch nicht in Mauer. Die Friesgasse liegt in Rudolfsheim-Fünfhaus. Und die Schulschwestern haben aus gutem Grund genau diesen Bezirk für Ihre Schule ausgesucht …

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